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04.04.2018

MarBiNa-Förderpreis für Dr. Nadine Biedenkopf

Marburg - Ein Mittel mit einer Breitbandwirkung gegen gefährliche Viren – daran forscht die Marburger wissenschaftlerin Dr. Nadine Biedenkopf. Dafür hat Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ihr nun den Marburger Biotechnologie- und Nanotechnologie-Förderpreis 2017 überreicht. Der Preis soll dazu beitragen, kluge wissenschaftliche Ideen in wirtschaftliche Projekte umzusetzen, erklärte Spies.

Die Preisträgerin des diesjährigen MarBiNa-Förderpreises Dr. Nadine Biedenkopf eingerahmt von Professor Dr. Norbert Hampp (links) und Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (rechts), stellvertretender Vorsitzender und Vorsitzender der IBiNa. Quelle: IBiNa

Technik- und Wissenstransfer sei in einer wissensbasierten Gesellschaft eine zentrale Herausforderung, so der Oberbürgermeister, der auch Vorsitzender der IBiNa ist, der Initiative Biotechnologie und Nanotechnologie. Die IBiNa lobt den Förderpreis seit 2014 alljährlich aus. Für einen Standort wie Marburg, der eben keine Universität habe, sondern eine Universität sei, habe es umso mehr Bedeutung, dass man sich angesichts von klugen Gedanken und bahnbrechenden Erkenntnissen in der Forschung frage, wie diese in wirtschaftliches Handeln umzusetzen seien. „Es sind Katalysatoren nötig“, so Spies. „Und wir hoffen, dass wir mit dem MarBiNa-Förderpreis einen kleinen Beitrag in diesem Katalysatorsystem leisten können.“

Humanbiologin erforscht Virenhemmer

In diesem Jahr geht dieser Beitrag in den Kampf gegen Viruserkrankungen, zu denen es weltweit immer wieder kommt. Angesichts der Globalisierung kann man sich gut vorstellen, wie rasch sich diese Viren über die modernen Flug- und Transportwege weltweit ausbreiten könnten, erklärte Dr. Nadine Biedenkopf in einem kurzen Vortrag beim Festakt zur Verleihung des diesjährigen MarBiNa-Förderpreises im Historischen Rathaussaal.

Ebola, der „große Bruder des Marburg-Virus“, sei beispielsweise eigentlich in Mittel- und Zentralafrika heimisch gewesen und dort nur limitiert aufgetreten. Es waren nur wenige Hundert Personen in abgelegenen Regionen betroffen, so Biedenkopf. Dann begann die Epidemie 2014, bei der das Virus im Westen Afrikas auftrat, in einem Gebiet mit bevölkerungsreichen Großstädten. 28.000 Menschen wurden infiziert, es gab 11.000 Tote. Auch im sozialen und ökonomischen Bereich habe solch eine Epidemie dramatische Folgen, erläuterte die Humanbiologin: von der monatelangen Schließung von Schulen bis hin zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts.

Aktuell gibt es keine offiziell zugelassenen Medikamente oder Impfstoffe gegen solche Viren, so Biedenkopf weiter. Das Interesse von Pharmaunternehmen an deren Entwicklung sei sehr gering, weil notwendige Studien hohe Kosten verursachen. Im besten Falle würde sich ein Medikament finden lassen, das nicht nur spezifisch gegen ein Virus wirkt, sondern gegen eine Vielzahl von Viren – auch gegen neu auftretende. Man suche deshalb nach Prozessen, die in allen Viren gleichermaßen ablaufen, sozusagen einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“, sagte Dr. Nadine Biedenkopf.

In ihrer Arbeit, für die sie mit dem MarBiNa-Förderpreis ausgezeichnet wird, konnte die Wissenschaftlerin nachweisen, dass es einen Stoff gibt, der die Produktion von Proteinen des Ebola-Virus hemmt – und damit auch dessen Vermehrung. Es handelt sich um den Naturstoff Silvestrol. Ursprünglich stammt er aus der Pflanze „Aglaia Foveolata“, deren therapeutische Wirkung in Malaysia und Borneo schon lange bekannt ist. Dort wird aus der Pflanze zum Beispiel ein Tee gegen verschiedene entzündliche Erkrankungen gewonnen. Inzwischen könne Silvestrol synthetisch hergestellt werden und dass es eine Anti-Tumor-Wirkung besitzt, konnte bereits in Tierversuchen gezeigt werden, erklärte Dr. Nadine Biedenkopf. Nun ist klar, dass es auch gegen Viren wirkt.

Im Hochsicherheitslabor der Marburger Virologie wurden menschliche Zellen mit Ebola infiziert und Tests durchgeführt, die nachwiesen, dass sich unter Silvestrol die zur Vermehrung des Virus nötigen Proteine nicht mehr bilden können. Weil Silvestrol hochspezifisch nur an einem bestimmten so genannten Translationsfaktor ansetzt (einem speziellen Protein, das an der Proteinbiosynthese beteiligt ist), hat der Einsatz des Stoffes keine Auswirkungen auf menschliche Proteine – es wären also kaum Nebenwirkungen zu erwarten. Damit sei der Grundstein für ein Mittel gelegt, das – ähnlich wie moderne Antibiotika, die das Bakterienwachstum verhindern – eine Breitbandwirkung gegen Viren besitzt, so die Humanbiologin.

Bis zum fertigen Medikament sind allerdings noch weitere Schritte nötig. Einerseits ist man laut Biedenkopf bemüht, die Herstellung von Silvestrol zu vereinfachen. Außerdem sind nun präklinische Studien mit Mäusen und Toxizitätsstudien mit Blick auf die Nebenwirkungen des Stoffs geplant. Als Grundlagenforscherin sei sie natürlich auch daran interessiert, den molekularen Mechanismus besser zu verstehen. Über ihre Auszeichnung mit dem MarBiNa-Förderpreis 2017 freue sie sich riesig, sagte Dr. Nadine Biedenkopf und bedankte sich bei allen beteiligten Mitarbeitern und Professor Dr. Arnold Grünweller, der die Idee zur Studie lieferte.

Grünweller und Professor Dr. Stephan Becker, der Leiter des Instituts für Virologie an der Marburger Philipps-Universität, hatten Dr. Nadine Biedenkopf für den Preis vorgeschlagen. Und sie setzte sich nach Aussage von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies gegen ein breites Spektrum an „spannenden, klugen, interessanten Vorschlägen“ durch. Er freue sich besonders, dass es in diesem Jahr eine Preisträgerin gebe, die immer noch in Marburg sei. Biedenkopf arbeitet mit jeweils einer halben Stelle am Institut für Virologie und im Projektmanagement am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in Marburg.

Hintergrund

Der Förderpreis ist mit 5.000 Euro dotiert. Über die Vergabe entscheidet ein sechsköpfiges Gremium, bestehend aus Professor Dr. Dr. Friedrich Hensel (Emeritus des Fachbereichs Chemie der Philipps-Universität), Professor Dr. Bernhard Maisch (ehemaliger Direktor der Klinik für Kardiologie des Uniklinikums Marburg), Professor Dr. Gerhard Dickneite (ehemals CSL Behring), Professor Dr. Rolf Thauer (ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts), Dr. Andreas Ritzenhoff (Firma Seidel) und Dr. Carsten Schelp (Siemens Healthcare).

Die Initiative IBiNa wird von Wissenschaftlern aus der Region, von Unternehmen aus den Gebieten Biotechnologie, Nanotechnologie und Pharmazie sowie der Universitätsstadt Marburg getragen. Ziel ist es, im überregionalen Wettbewerb hochwertige Forschungsergebnisse in wirtschaftlichen Erfolg für das Oberzentrum Marburg als innovativen Wissenschafts-, und Wirtschaftsstandort umzusetzen. Für das kommende Jahr wird erneut ein Förderpreis für herausragende wissenschaftliche Leistungen junger Marburger Forscherinnen und Forscher in den Bereichen Bio- und Nanotechnologie mit hohem wirtschaftlichem Praxisbezug ausgeschrieben.

 

Quelle: Initiative Biotechnologie und Nanotechnologie e.V. (IBiNa) - Pressemitteilung der Stadt Marburg

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