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18.10.2018

Auf Wiedersehen, Silizium?

Auf dem Weg zu neuen Materalien für die Elektronik

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz haben zusammen mit Wissenschaftlern aus Dresden, Leipzig, Sofia (Bulgarien) und Madrid (Spanien) ein neues, metall-organisches Material entwickelt, welches ähnliche Eigenschaften wie kristallines Silizium aufweist. Das mit einfachen Mitteln bei Raumtemperatur herstellbare Material könnte in Zukunft als Ersatz für konventionelle nicht-organische Materialien dienen, die in der Optoelektronik genutzt werden.    

Bei der Herstellung von elektronischen Komponenten wie Solarzellen, LEDs oder Computerchips wird heutzutage vorrangig Silizium eingesetzt. Für diese Anwendungen wird hochreines Silizium benötigt, welches in der Herstellung sehr teuer ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Defekte in einem Material dessen elektrischen Eigenschaften stark beeinflussen. Wissenschaftler um Gruppenleiter Dr. Enrique Cánovas (MPI-P, Abteilung Prof. Dr. Mischa Bonn) haben nun ein neues und kostengünstiges Material entwickelt, ein sogenanntes „metall-organisches Netzwerk“ (engl. metal-organic framework, MOF), welches ähnliche elektrische Eigenschaften wie Silizium aufweist.

Das MOF, welches von der Gruppe von Xinliang Feng in Dresden hergestellt wurde, ist ein hochkristalliner Festkörper, der aus Eisenionen aufgebaut ist, die über organischen Moleküle miteinander verbundenen sind. Aufgrund dieser Struktur (Eisen + organische Moleküle) wird er als metall-organisches Netzwerk bezeichnet. Im Gegensatz zu Silizium kann das Material bei Raumtemperatur hergestellt werden. Die Zusammensetzung, Beschaffenheit und elektronischen Eigenschaften können hierbei während des Herstellungsprozesses einfach angepasst werden.

In der Vergangenheit hergestellte Netzwerke zeigten keine oder eine nur sehr geringe elektrische Leitfähigkeit. Dies verhinderte deren Einsatz in optoelektronischen Komponenten, wo eine ausreichende Beweglichkeit der Elektronen in dem Material bei Anlegen eines elektrischen Feldes benötigt wird. Mit dem neu hergestellten MOF haben die Forscher aus Mainz nun gezeigt, dass sich die Elektronen in dem organisch-basierten Material ähnlich wie in Silizium verhalten. Das Verhalten wird als sogenanntes „Drude-Verhalten“ bezeichnet (nach dem Physiker Paul Drude). Dies bedeutet, dass sich die Material-Elektronen bei Anlegen eines externen elektrischen Feldes – also einer Spannung – fast frei bewegen können. Dieses Verhalten, meist beobachtbar in inorganischen, hochgeordneten Kristallen wie Silizium, wurde bisher kaum in organisch basierten Materialien beobachtet, da diese normalerweise eine ungeordnete Struktur besitzen.

Zur Charakterisierung der einzigartigen Eigenschaften des hergestellten Netzwerks haben die Wissenschaftler des MPI-P die Technik der ultraschnellen Terahertz-Spektroskopie verwendet. Diese Technologie erlaubt eine Messung der Leitfähigkeit ohne physikalischen und damit störenden Kontakt zum Material. Hierbei wird über einen Laserpuls, der im sichtbaren Spektralbereich liegt, zunächst Energie an die Elektronen des Materials transferiert. Mit einem zweiten Laserpuls – einem sogenannten Terahertz-Puls, welcher ungefähr einen Faktor 1000 langsamer schwingt als sichtbares Licht, kann nun die Leitfähigkeit dieser angeregten Elektronen abgefragt. Dies resultiert in einem frequenzabhängigen Leitfähigkeits-Signal, durch welches die Wissenschaftler das Drude-Verhalten verifizieren konnten. „Durch diese Messungen konnten wir Rekord-Mobilitäten der Elektronen in diesem Material messen, welche die Mobilitäten von isolierenden MOFs um einen Faktor 10000 übersteigen“, sagt Dr. Enrique Canovas vom MPI-P. Dies bedeutet, dass sich Elektronen einfach über lange Strecken bei Anlegen eines elektrischen Feldes in dem MOF bewegen können, ein Effekt welcher in 1000 µm langen Proben gemessen werden konnte. Daher ebnet das neue Material den Weg für die Nutzung metall-organischer Netzwerke in der Optoelektronik.

In Zukunft wollen die Forscher daran arbeiten, die elektronischen Eigenschaften des Materials direkt bei der Herstellung über die Zusammensetzung des MOFs modifizieren und vorhersagen zu können. Ihre Forschungsergebnisse haben sie nun in dem renommierten Fachmagazin „Nature Materials“ veröffentlicht.

 

Quelle: http://www.mpip-mainz.mpg.de/5458134/PM2018-24

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