Matratzenrecycling: Hessen fordert bessere Rahmenbedingungen
Während die Gesellschaft nach nachhaltigen Lösungen für Abfallströme sucht, wird ein Produkt des täglichen Bedarfs systematisch vernachlässigt. Allein in Deutschland werden jedes Jahr 8,27 Millionen Matratzen entsorgt. Der weit überwiegende Teil davon endet in Müllverbrennungsanlagen, wodurch die Grundstoffe verloren gehen.
Nur ein geringer Anteil der ausgedienten Schlafunterlagen wird stofflich verwertet. Meist wird der Schaumstoff geschreddert und zu Dämm- oder Füllmaterial verarbeitet, für das es nur einen begrenzten Markt gibt. Aus Sicht des Landes Hessen geht das besser: „Durch neue innovative Verfahren, wie dem chemischen Recycling, könnten Schaumstoffmatratzen so recycelt werden, dass daraus neue Rohstoffe für Schäume entstehen, die wiederum etwa für die Herstellung neuer Matratzen eingesetzt werden könnten“, heißt es in einem Antrag des Landes im Bundesrat, der am vergangenen Freitag in die zuständigen Ausschüsse verwiesen wurde.
Erste Pilotanlagen, die aus Joint Ventures von Entsorgungsunternehmen und der chemischen Industrie hervorgegangen sind, „zeigen ein vielversprechendes Potenzial für eine echte Kreislaufwirtschaft für Polyurethanschäume“, wie das Land Hessen betont.
Doch bislang gibt es dafür noch einige Hürden. „Insbesondere bromierte oder phosphorhaltige Flammschutzmittel, die im Kaltschaum von Matratzen vorhanden sein können, blockieren die chemischen Prozesse innerhalb solcher Anlagen und erweisen sich als ernstes Problem für das Recycling“, heißt es im Antrag. Sie erweisen sich als derart problematisch, dass sie die Wirtschaftlichkeit der neuen Technologien insgesamt infrage stellen. Zudem gelten einige dieser Flammschutzmittel als persistent und toxisch. Sie stehen im Verdacht, das Hormonsystem zu stören oder karzinogen zu sein.
Um das Recycling zu verbessern, fordert Hessen den Bundesrat auf, sich bei der Europäischen Kommission für den raschen Erlass eines delegierten Rechtsaktes nach der Ökodesign-Verordnung einzusetzen, der das Recycling von Matratzen durch eine Regulierung von Schadstoffen verbessert. Dabei sollen die bestehenden Brandschutzanforderungen uneingeschränkt aufrechterhalten werden.
Zudem fordert Hessen, die Einführung der erweiterten Herstellerverantwortung für Matratzen in den Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Der Bundesrat soll die Bundesregierung bitten, von dieser Kann-Regelung für Matratzen Gebrauch zu machen, um die Voraussetzungen für ein hochwertiges Recycling zu schaffen.
Mehr Pilotprojekte
Flankiert werden soll die erweiterte Herstellerverantwortung durch die Einführung eines digitalen Produktpasses für jede Matratze. Dieser Pass dokumentiert alle relevanten Informationen zur Materialzusammensetzung. Recyclingunternehmen erhalten so präzise Daten für die Sortierung und Verwertung.
Um die Entwicklung zu beschleunigen, regt Hessen zudem an, die Förderung von Pilotprojekten und innovativen Demonstrationsvorhaben zu prüfen. Erfahrungen aus den Nachbarländern Frankreich, Belgien und den Niederlanden zeigten, dass ein effizientes Matratzenrecycling erfolgreich sein kann, heißt es im Antrag. Dort seien durch klare Regeln und die Etablierung einer getrennten Sammlung bereits funktionierende Systeme geschaffen worden. Diese Blaupausen könnten als Vorbild für eine bundesweite oder europäische Lösung dienen.