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14.01.2021

Die Schwingfestigkeit von hybriden Bauteilen

Darmstadt - Die Schwingfestigkeit von gefügten Feinblechverbindungen, insbesondere an Multimaterialverbindungen, gewinnt im Kontext des Leichtbaus stetig an Bedeutung. Die Verwendung von bauteilähnlichen Napfproben liefert praxisnahe Erkenntnisse über die Schwingfestigkeitseigenschaften von Strukturbauteilen, die in dieser Art nicht an den üblichen einfach überlappenden Standardproben ermittelt werden können. Die Schwingfestigkeitsversuche dienen als Grundlage zur Validierung von bestehenden numerischen Methoden zur Lebensdauerabschätzung und ermöglichen Einblicke in real auftretende Schädigungsmechanismen.

Experimentelle Versuche mit Stahl-Aluminium-Proben

Im Rahmen des von der EU geförderten Forschungsprojektes »ALLIANCE« zum Thema Leichtbau/CO2-Reduktion wurden beim Automobilhersteller Opel innovative numerische Lebensdauerabschätzungen für Multi-Material-Fügetechniken, auf Basis von Schwingfestigkeitsversuchen von Scherzug- und Schälzugproben, entwickelt. Dabei wurden geklebte, genietete und hybrid gefügte Varianten geprüft. Damit eine anschließende Validierung der numerischen Lebensdauerabschätzungen möglich ist, haben Mitarbeitende am Fraunhofer LBF experimentelle Versuche an bauteilähnlichen Napfproben mit der Materialpaarung Stahl-Aluminium durchgeführt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen dabei, die Frage zu klären, ob sich die Schwingfestigkeitseigenschaften von einfachen Scherzug- und Schälzugproben auf komplexe Komponenten übertragen lassen.

Bei der Napfprobe wird ein tiefgezogener Napf im Bereich des umgeformten Flansches mit einer fest eingespannten ebenen Grundplatte verbunden.
 
Sowohl Kräfte als auch Momente können im Versuchsaufbau in beliebiger Richtung in den Napf eingeleitet und so ein definierter Beanspruchungszustand (Kombination aus Scherzug- und Schälzug) eingestellt werden. Somit ermöglicht diese Probenform, die Schwingfestigkeitseigenschaften struktureller Bauteile möglichst praxisnah und dennoch im Labormaßstab untersuchen zu können.

Zur Ermittlung des Leichtbaupotenzials von Strukturbauteilen in Multi-Materialbauweise wurden Schwingfestigkeitsversuche an geklebten, genieteten und hybrid gefügten Napfproben durchgeführt. Im Vergleich der Versuchsergebnisse zeigen die geklebten Napfproben deutlich höhere zyklische Beanspruchbarkeiten gegenüber den genieteten Napfproben auf. Ein ähnliches Verhalten ist ebenfalls bei den Versuchsergebnissen der Scherzugproben zu sehen. Die hybriden Napfproben zeigen jedoch, anders als bei den Scherzugproben, geringere zyklische Beanspruchbarkeiten gegenüber den geklebten Napfproben. Einer der möglichen Gründe für dieses Verhalten ist auf den noch nicht optimierten hybriden Fertigungsprozess zurückzuführen, wodurch eine unsachgemäße Verklebung beider Fügepartner resultiert. Diese Vermutung lässt sich ebenfalls im Vergleich zwischen den unterschiedlichen Chargen der hybriden Napfproben erkennen. Im Falle der zweiten Charge wurden die Bereiche zwischen den gesetzten Nieten zusätzlich mit Stahlzwingen fixiert, wodurch sich die Spaltbildung zwischen Grundplatte und Napf, hervorgerufen durch den Fügeprozess der Niete, minimieren ließ. Dadurch konnte die Fügequalität und somit die Schwingfestigkeit deutlich verbessert werden.

Während der Schwingfestigkeitsversuche wurden zusätzlich zwei verschiedene Ansätze verwendet, um das Rissfortschrittsverhalten der Fügeverbindungen zu ermitteln. Zum einen wurde die dynamische Probensteifigkeit, zum anderen die Spannungsverteilung an der Probenoberfläche, visuell mittels thermoelastischer Spannungsanalyse aufgezeichnet. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse über die Korrelation zwischen dem Rissfortschrittsverhalten und den Steifigkeitsverläufen werden zur Definition relevanter Versagenskriterien für Strukturbauteile verwendet. Diese bilden den Eingang für eine mechanismenbasierte Schwingfestigkeitsbewertung.

Hohes Potenzial für die Automobilindustrie ermittelt

Die Versuchsergebnisse bieten erste Einblicke in die komplexe Welt der Schwingfestigkeit von hybrid gefügten Strukturbauteilen. Das Potenzial dieses Fügeverfahrens, insbesondere für zukünftige Leichtbaukonzepte der Automobilindustrie, ist vielversprechend. Um es voll ausschöpfen zu können und für eine industrielle Anwendung zu nutzen, ist es jedoch zwingend erforderlich, optimierte Fertigungsprozesse zu entwickeln.


Förderer und Partner

ALLIANCE (Affordable Lightweight Automobiles Alliance) New lightweight materials for the next generation of cars

Sechs führende europäische Automobilhersteller (Daimler, Volkswagen, Fiat-Chrysler Forschungszentrum, Volvo, Opel und Toyota) haben sich zusammen mit vier Zulieferern (Thyssenkrupp, Novelis, Batz, Benteler) und acht Wissenschaftspartnern (Swerea, Inspire, Fraunhofer LBF, RWTH-IKA, KIT-IPEK, Universität Florenz, Bax & Company, Ricardo) zum Konsortium ALLIANCE zusammengeschlossen. Die Initiative ALLIANCE wird von EUCAR und EARPA unterstützt.

Gefördert durch:
European Union Horizon 2020

Ansprechpartner Herr Dr.-Ing. Jörg Baumgartner
Tel. +49 6151 705-474
joerg.baumgartner@lbf.fraunhofer.de

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